ZWEI LOKOMOTIVEN MACHEN
Tempo
all-in.de und allgäuer-zeitung.de: zwei Onlineportale, zwei starke Lokomotiven, jede mit einem ganz eigenen Motor ausgestattet. Gemeinsam nehmen sie für den Allgäuer Zeitungsverlag Fahrt auf. Wie der jeweilige Motor auf Touren kommt, verraten die „Köpfe“ beider Portale, Sascha Borowski und Holger Mock.
Steigen wir mit einem konkreten Fall ein: Am Kemptener Bahnhof gibt’s eine Schießerei. Was kann man wo lesen über dieses spektakuläre Ereignis?
Holger Mock: Ok, seit es die beiden Portale gibt, ist das noch nicht passiert. Aber sicherlich würden beide darüber berichten. Wir kümmern uns um Ereignisse mit überregionalem Interesse natürlich auch und informieren unmittelbar, was dort passierte.
Sascha Borowski: Wir steigen tiefer ins Thema ein – mit Interviews von Augenzeugen und dem Polizeichef, gehen auf mögliche Konsequenzen ein oder reichern die Berichterstattung durch Video-Interviews mit Ersthelfern an. Somit bieten wir einen Mehrwert – vor allem hinter der Paywall.
Auf was ist vor allem der Fokus bei eurer Arbeit gerichtet?
Holger Mock: Möglichst viele Leute zu erreichen. Es zählen die Aufrufe, und manchmal sind wir verwundert, welcher Bei-trag eine außergewöhnlich hohe Reichweite bekommt. Wir haben mal über einen verwahrlosten Yorkshire Terrier berichtet. Gewiss laufen Tiergeschichten immer gut. Aber in diesem Fall gab es 183.000 Aufrufe – der Wahnsinn. Die kamen zum Teil aus Köln oder Berlin. Das hat richtig große Kreise gezogen und war für uns so nicht vorhersehbar. Trotzdem liegt unser Fokus natürlich auf dem Allgäu, auf dem, was möglichst viele Allgäuer interessiert.
Sascha Borowski: Wir wollen vor allem Digitalabos generieren, und ein erster Etappensieg ist erreicht: Wir erreichen inzwi-schen monatlich 1,5 Millionen Visits, täglich schließen bis zu zehn Menschen bei uns ein AZ-Plus-Abo ab. Das wollen wir natürlich weiter steigern. Mit sorgfältig recherchierten Geschichten, Datenjournalismus, aber auch neuen Produkten wie Newslettern wollen wir Stammkunden gewinnen, die bereit sind, für unsere Angebote zu bezahlen.
Mit welchen Teams geht ihr ins Rennen, um eure Ziele zu erreichen?
Sascha Borowski: Unser Digitalteam besteht aus fünf Kolleginnen und Kollegen, dazu haben wir eine Volontärin. Besetzt sind wir von 6 bis 22 Uhr, und das an sieben Tagen in der Woche. Los geht es morgens damit, die Seiten zu aktualisieren, Agenturen auszuwerten und Themen zu identifizieren, die gut laufen. Dafür nutzen wir – wie den ganzen Tag über – Web- und Datenanalyse. Um 9 Uhr gibt es die Frühkonferenz, bei der wir mit Rundschau und Lokalredaktionen die weitere Themenplanung abstimmen. Um 14 Uhr ist Wechsel von Früh- und Spätdienst. Ein Schwerpunkt abends ist die Klärung, welche Themen wir zu Plus-Artikeln, also kostenpflichtig machen, und welche für alle frei lesbar bleiben.
Holger Mock: Wir sind sechs Festangestellte plus ein Außenreporter. Und wir greifen auf freie Mitarbeiter zurück. Der Morgen beginnt um 6 Uhr mit der Frühschicht. Um 9 machen wir eine Besprechung, in der wir die Inhalte des Tages festlegen und Themen verteilen. Bis 22 Uhr ist bei uns immer jemand im Dienst. Als Team sehen wir uns relativ breit aufgestellt. Wir sehen uns als Portal, das möglichst alle Darstellungsformen im Internet anbieten kann: von Podcasts, Fotos und Videos bis hin zu Karten oder Umfragen. In dieser Hinsicht haben wir eine große Kompetenz aufgebaut.
Seht ihr euch als Konkurrenten?
Sascha Borowski: Nein, vielmehr sollen sich beide Portale ergänzen. Holger und ich kennen uns schon lange und stimmen uns auch entsprechend ab. all-in.de hat uns gegenüber natürlich zeitlich einen großen Vorsprung, wir sind quasi die kleine Schwester, die noch vieles aufbauen muss.
Holger Mock: Nein, als Konkurrenz sehen wir allgäuer-zeitung.de nicht. Aber wir schauen durchaus nach links und rechts, und das neue Portal hat dazu geführt, dass auch all-in.de sich weiterentwickelt. Und wir achten darauf, dass beide Portale nicht das Gleiche anbieten.
Frage noch zum Schluss an Sascha, der noch nicht so lange im Haus ist. Dein schönstes Erlebnis bislang?
Sascha Borowski: Das war im Juni, als sich zum ersten Mal unser gesamtes Digitalteam leibhaftig in der Redaktion getroffen hat. Coronabedingt war das ansonsten nicht möglich. Da hat man so richtig den Teamspirit spüren können. Tolles Gefühl.
INTERVIEW Freddy Schissler
FOTO Ralf Lienert